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Hester Pommerening

Tiefenökologie: In aktiver Hoffnung leben

Joanna Macy ist gestorben. Als mutige Denkerin, engagierte Umweltaktivistin und spirituelle Lehrerin hat sie weltweit Menschen inspiriert - und auch unser Pura Vida Projekt tief geprägt.

August 5, 2025
Tiefenökologie: In aktiver Hoffnung leben

Was, wenn unsere “Umwelt” mehr ist als das, was uns umgibt? Und was, wenn die Erde nicht nur ein Planet ist, auf dem wir leben - sondern vielmehr ein lebender Organismus, ein System, mit dem wir atmen, fühlen, verbunden sind?

Joanna Macy war eine der Stimmen, die diesen Blick möglich gemacht haben. Als zentrale Vertreterin der Bewegung der Tiefenökologie war sie davon überzeugt, dass wir nicht getrennt von der Natur existieren – sondern tief in sie eingebunden sind.

Die Welt als Geliebte

Das Konzept der Tiefenökologie geht über den klassischen Umweltschutz hinaus. Es fragt nicht nur, was wir tun können, um “die Natur” zu schützen, sondern hinterfragt grundsätzlich, wie wir die Welt sehen – und wie diese Sichtweise unsere Entscheidungen, unsere Beziehungen und unser Handeln beeinflusst. Umweltzerstörung verstand Macy nicht nur als äußere technische oder politische Probleme, sondern auch als Spiegel unserer Beziehung zur Welt - als Ausdruck einer zerbrochenen Verbindung und innerer Entfremdung.

Dieser Perspektivwechsel – von der Erde als Objekt hin zur Erde als lebendigem Gegenüber – spiegelt sich auch in unserem Projekt Pura Vida. In unseren Formaten geht es immer wieder darum, Verbindung zu erfahren: zu uns selbst, zur Mitwelt, zu etwas Größerem. Tiefenökologie liefert dafür nicht nur Sprache, sondern auch Haltung.

Hoffnung als Handlung

Joanna Macy - Portrait von Adam Lofen

Gerade in Zeiten von Klimakrise, gesellschaftlicher Spaltung oder schlichter Erschöpfung wirkt Hoffnung oft naiv oder weltfremd. Macy setzte dem etwas anderes entgegen: Active Hope. Eine bewusste Praxis, sich auf das auszurichten, was möglich ist - auch wenn der Ausgang ungewiss ist.

Laut Joanna Macy ist "Active Hope" kein Wunschdenken - "wishful thinking": "Active Hope is waking up to the beauty of life on whose behalf we can act.“

Diese Haltung hat uns ermutigt, auch im Pura Vida-Projekt immer wieder neu zu fragen: Was können wir beitragen – ohne die Last der Welt zu tragen, aber auch ohne wegzuschauen? Hoffnung nicht als Gefühl zu behandeln, sondern als Entscheidung, als Haltung, als Handlung.

Die Spirale des Wandels

Aus dieser aktiven Hoffnung heraus entwickelte Joanna Macy ein Modell, das sie in unzähligen Workshops mit Menschen auf der ganzen Welt geteilt hat: The Work That Reconnects – ein strukturierter Prozess, der als Spirale beschrieben wird.

Sie ist kein starres Modell, sondern ein innerer Kompass für persönliche und kollektive Prozesse. Die Spirale besteht aus vier aufeinander aufbauenden Phasen, die Macy immer wieder in Workshops auf der ganzen Welt angewendet hat.

Die vier Phasen der Spirale sind:

1. Dankbarkeit kultivieren

Der erste Schritt ist bewusstes Innehalten: sich zu verankern im Guten, das bereits da ist. Dankbarkeit macht uns empfänglicher, gegenwärtiger – und bildet eine stabile innere Basis für alles Weitere. Sie schafft Boden – innerlich wie gemeinschaftlich. Sie hilft, das zu würdigen, was trägt.

2. Schmerz um die Welt zulassen

Viele von uns tragen Trauer, Angst oder Wut in sich – über die Zerstörung von Natur, Ungerechtigkeit oder das Gefühl, nicht genug zu tun. Macy lud dazu ein, diese Gefühle nicht zu verdrängen, sondern anzuerkennen. Denn: Was wir fühlen, zeigt, was uns wichtig ist. Schmerz ist Ausdruck von Verbundenheit.

3. Mit neuen Augen sehen

Aus der Verbindung heraus verändert sich unsere Wahrnehmung: Wir beginnen, uns nicht mehr nur als isolierte Individuen zu sehen, sondern als Teil eines lebendigen Netzes – verbunden mit anderen Menschen, mit der Erde, mit der Zeit. Es entsteht ein ökologisches Selbstverständnis, das nicht auf Schuld, sondern auf Zugehörigkeit beruht.

4. Ins Handeln kommen

Am Ende steht nicht Perfektion, sondern Bewegung. Was auch immer wir beitragen können – ob im Kleinen oder Größeren – wird bedeutsam, wenn es aus dieser inneren Klarheit kommt. Es geht nicht darum, alles zu retten, sondern darum, nicht stehen zu bleiben. Nicht aus Schuld, sondern aus Zugehörigkeit.

Gabi Bott leitete 2024 einen Workshop zur Spirale des Wandels. (Foto: Curcumaxicreates)

Die Spirale ist kein einmaliger Ablauf, sondern ein wiederkehrender Prozess. Viele, die damit arbeiten, beschreiben sie als eine Art inneren Resonanzraum: Sie hilft, nicht im Schmerz stecken zu bleiben, sondern handlungsfähig zu werden – mit Gefühl, mit Klarheit, mit Verbundenheit.

Für viele ist diese Spirale eine Art innerer Kompass geworden – auch für uns. Ihre Essenz findet sich immer wieder in dem, was wir bei Pura Vida versuchen zu gestalten: Räume, in denen Menschen sich verbinden, fühlen, verstehen – und von dort aus ins Tun kommen.

Ein Impuls, der weiterwirkt

Joanna Macy war nicht die einzige Stimme, die unser Projekt mitgeprägt hat. Aber sie hat eine Sprache und Praxis angeboten, die Verbindung, Spiritualität und ökologisches Denken zusammenbringt – auf eine stille, kraftvolle Art.

Ihr Tod ist für viele Anlass, innezuhalten. Für uns ist es auch ein Moment der Erinnerung daran, wie wertvoll es ist, Menschen nicht nur durch Inhalte, sondern durch Erfahrungen in Kontakt mit sich und der Welt zu bringen.

„Hope is something you do, not something you have.“ – Joanna Macy

Pictures from Pura Vida Festival Retreats by Sophie Szabó, Luaray & Carina Adam

Titelbild: Beim Workshop von Tash English verbanden wir uns 2025 ganz bewusst mit der Natur um uns herum. (c) Luaray

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